Bock-Kolumne vom Dezember 2022 – Kaufen Sie Ihr Weggli lieber bei der SP oder der FDP? Kennen Sie die Haltung Ihres Arbeitgebers zur 99%-Initiative? Und würden Sie Ihr Fitnessstudio wechseln, weil der Inhaber eine andere Partei wählt als Sie? – Glauben Sie mir, es gibt einen Grund für diese Fragen.
Aber fangen wir woanders an. Anlässlich einer beruflichen Weiterbildung habe ich eine Umfrage unter Schaffhauser Firmen durchgeführt. Dabei ging es um ihre Beteiligung an politischen Abstimmungskämpfen. Denn immer weniger Firmen und Unternehmer bringen sich selbst in den politischen Diskurs ein. Immer öfters liegt es alleine an Parteien und Wirtschaftsverbänden, für wirtschaftlich attraktive Rahmenbedingungen zu kämpfen.
Auf der Suche nach den Gründen bin ich auf etwas Interessantes gestossen. Rund die Hälfte der befragten Firmen befürchtet, durch politische Stellungnahmen Kunden zu verlieren. Dies, obwohl noch kaum eine dieser Firmen mit entsprechenden Aussagen ihrer Kunden konfrontiert wurde. Handelt es sich also um eine unbegründete Angst? Oder tun Firmen gut daran, sich politisch zurückzuhalten? Firmen sind Arbeitgeber, sie bezahlen Steuern, bilden aus, fördern Innovation, produzieren Güter und vieles mehr. Was geschieht, wenn sich dieser elementare Bestandteil der Gesellschaft nicht mehr an der politischen Meinungsbildung beteiligt?
« Für die politische Meinungsbildung ist es elementar,
dass sich auch Firmen zu Wort melden (dürfen). »
Ich bin überzeugt, dass jedes Unternehmen dazu legitimiert ist, sich zu politischen Themen zu äussern. Denn die Meinungsfreiheit ist die wichtigste Grundlage einer Demokratie. Und das muss auch für Firmen gelten. Egal, um welches Thema es gerade geht: Für die politische Meinungsbildung ist es elementar, dass sich direkt Betroffene zu Wort melden – nicht nur Parteien oder Verbände. Diese erreichen niemals dieselbe Überzeugungskraft wie ein in der Region verwurzelter Unternehmer, der persönlich aufzeigt, wie sich ein «Ja» oder ein «Nein» in der aktuellen Abstimmung auf seine eigene Firma auswirken würde. Es sind immer Menschen, welche andere Menschen wirklich überzeugen.
Natürlich käme es bei den meisten Mitarbeitenden und Kunden nicht gut an, wenn ein Unternehmen sie penetrant politisch zu beeinflussen versucht. Darum geht es mir auch nicht. Aber ich fordere hiermit jede Unternehmerin und jeden Kadermitarbeitenden dazu auf, sich für eine Beteiligung ihrer Firmen am politischen Prozess einzusetzen. Und ich erwarte von Ihnen als Konsument und als Arbeitnehmerin, dass Sie diese wertvolle Teilnahme am politischen Meinungsbildungsprozess wertschätzen – auch wenn sie persönlich anderer Meinung sein mögen. Denn Demokratie funktioniert nur, wenn wir uns alle daran beteiligen.